Sonntag, 21. August 2011

Sport, Spaß und Spieltheorie

"Und woran arbeitest du gerade?" fragte mich mein Gegenüber. Er war einer von sechs Leuten mit denen ich am Mittwoch zusammen Mittag aß. Maurice hatte mich eingeladen und, wie zu erwarten, war ich der einzige Student und mit Abstand der Jüngste in der Runde. "An den Aufgaben für meine Vorlesungen." antwortete ich. Zwei meiner Profs saßen auch mit am Tisch. (Wie bin ich hier nochmal reingeraten? :P)

Auf dem dem Rückweg zum Institut unterhielten wir uns weiter und Michael, wie er sich vorgestellt hatte, wechselte auf einmal vom Englischen ins Deutsche und erklärte mir, dass er auch mal in Berlin gewohnt hatte, aber nun schon seit einer Weile an der UNSW in Sydney arbeitet und ab kommender Woche die Vorlesungen in einem meiner Kurse halten würde. Wie klein die Welt doch ist.

Am nächsten Tag traf ich ihn im Forschungsseminar wieder. Wir diskutierten wissenschaftliche Veröffentlichungen aus den USA zur Anwendung von Spieltheorie zur Verbrechens- und Terrorbekämpfung am Beispiel eines Flughafen.

Die Idee ist folgende: Die Sicherung des Flughafen wird als mathematisches "Spiel" formuliert, in dem ein Angreifer und ein Verteidiger gegeneinander spielen. Beide Spieler haben bestimmte Aktionen. So kann der Verteidiger zum Beispiel Kontrollen an den Zufahrtsstraßen aufstellen, Sicherheitspersonal bestimmte Routen patrollieren lassen usw. Der Angreifer kann an einem von ihm gewählten Ort zuschlagen. In so einem Modell lassen sich dann optimale Strategien bestimmen, um den Flughafen zu schützen. Dabei werden die Sicherheitskräfte nach einer bestimmten Zufallsverteilung an den verschiedenen Stellen eingesetzt. Im Flughafen von Los Angeles wird so seit 2008 die Einteilung der Sicherheitsmaßnahmen von einem Computer übernommen.

Als Ausgleich zu den Vorlesungen und Seminaren stand letzte Woche viel Sport auf meinem Programm. Nebem dem wöchentlichen Volleyballtraining, war ich zweimal am Meer laufen. Dort ist es wahnsinnig schön.


Außerdem war ich am Samstag zum ersten mal in meinem Leben klettern. Von unten sieht das so einfach aus, aber wenn man selbst an der Wand hängt, ist alles anders. Obwohl man sich nur wenig bewegt, strengt es ungemein an - und macht mega viel Spaß!

Die verschiedenen Farben der Klettergriffe in der Wand gehören zu unterschiedlichen Kletterouten mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Auf einer Route darf immer man nur Griffe derselben Farbe benutzen. 

Einige der Routen habe ich schon geschafft, die anderen sind das nächste mal dran :-)


Und dann waren wir am Samstag Abend noch beim Rugbyspiel im Sydney Stadium und haben mit den passenden Farben im Gesicht Stimmung für die Sydney Roosters gemacht.


Das Spiel war wirklich spannend. Zu Beginn gingen die Roosters in Führung. Dann wurden sie mehrfach von den Sharks vorgeführt und lagen zwischenzeitlich weit zurück. Das Spiel wurde dann noch intensiver. Ab und an entlud sich die Anspannung auf dem Feld in Handgreiflichkeiten. Kurz vor Schluss gaben die Roosters nochmal richtig Gas, punkteten zweimal in Folge und holten damit den Sieg. Das Stadium tobte. Und wir tobten mit.


Fazit des Abends: Rugby ist interessant anzuschauen, aber ganz ehrlich: selbst spielen muss nicht unbedingt sein - da geh ich doch lieber wieder klettern :D

Dienstag, 16. August 2011

Panik beim Barbier

Den Friseurbesuch hatte ich schon einige Tage vor mir hergeschoben. Ich bin einfach nicht dazu gekommen und irgendwie ging die Frisur auch noch in Ordnung. Zum Schluss konnte ich meine Mähne aber nur noch mit viel Haargel in eine halbwegs hinnehmbare Form zwingen. Heute sollte damit Schluss sein.

Nun ist es garnicht so einfach einen guten und preiswerten Friseur zu finden, wenn man sich hier nicht auskennt. Der Friseursalon auf dem Campus verlangte $35 für einen Männerhaarschnitt, das war mir zu teuer. Zwei chinesische Friseure direkt um die Ecke warben damit, dass sie nur $12 berechnen würden, aber so richtig vertrauenswürdig sahen die Läden nicht aus.

Ein anderes Geschäft, an dem vorbeikam, war ein Barbier und Haarschneider.

Weil ich noch nie bei einem Barbier war und dort auch gerade nur einem Kunden die Haare geschnitten wurden, während Niemand auf den sehr bequem aussehenden Sesseln wartete, ging ich hinein und setzte mich.

Während ich dort saß, musste ich unwillkürlich an das Problem des schlafenden Barbiers aus dem Informatik-Grundstudium denken, als im gleichen Moment ein älterer und wie ich meine, tatsächlich etwas verschlafen wirkender, Herr aus dem Hinterzimmer getrottet kam. Ich schätze ihn auf 65, vielleicht ein bisschen älter und er sah aus, als müsste er selbst dringend mal die weißen Haare geschnitten bekommen. Vielleicht ist ja das Barbier-Paradoxon (ebenfalls Grundstudium) schuld daran.

Als ich den zerzausten Opa ansah, beschlich mich das Gefühl, ich sollte mir vielleicht doch eher bei den Chinesen die Haare schneiden lassen, aber ich war zu perplex um vernünftig zu handeln und folgte der knappen Anweisung des Barbiers, der "Komm." sagte und auf den freien Drehstuhl deutete. Als nächstes stellte der Mann mir die Frage nach meiner Wunschvorstellung für die neue Frisur: "Kurz?".

Menschliches Haar wächst im Schnitt 1,25 Zentimeter pro Monat und mein letzter Friseurbesuch war etwas mehr als sechs Wochen her. Also antwortete ich: "Ja, ungefähr um zwei Zentimeter kürzen, bitte.". Er guckte mich fragend an. Mit so einer Antwort hatte er entweder nicht gerechnet oder er fand es verwirrend, dass ich so viele Wörter in einem einzigen Satz verwendet hatte.

Er holte zwei Aufsätze für seine Haarschneidemaschine heraus, hielt sie mir hin und fragte: "Nummer Vier oder Nummer Sechs?". Damit war ich nun an der Reihe verwirrt zu sein. Auf die Frage, welcher Haarlänge Nummer Vier und Nummer Sechs entsprächen, bekam ich keine befriedigende Antwort. Schließlich schlug der Barbier vor, den Aufsatz Nummer Vier für die Seiten und Nummer Sechs für Oben zu verwenden. Ich hoffte, dass Nummer Vier die kürzere der beiden Längen war und dass er wüsste, was er da tat. Zum ersten Mal machte der das doch bestimmt nicht.

Oder vielleicht doch? Zumindest störte es ihn nicht, dass meine Haare voller Gel waren, als er die Maschine über meinen Kopf schob. Insgesamt erinnerte mich sein vorgehen verdächtig daran, wie meine Mutter mir als Kind die Haare geschnitten hatte. Ich hatte Angst in den Spiegel vor mir zu gucken und hoffte, dass er mir zumindest so viele Haare lassen würde, dass der chinesische Friseur zu dem ich direkt im Anschluss gehen wollte, noch etwas retten könnte.

Zuerst kürzte er mit der Maschine alle Haare, bis auf das vordere obere Drittel. Als ich schon dachte, er würde das so lassen und wäre fertig, besprühte er die Haare mit Wasser, kämmte sie zu einem Mittelscheitel und schnitt mit seiner Schere los, wobei er die Schere in einer hohen Frequenz scheinbar unkontrolliert öffnete und schloss und nur hin und wieder ein paar Haarspitzen erwischte. Ich bekam Angst um meine Ohren und dachte an Flucht.

Als er damit fertig war, entspannte ich mich wieder ein wenig.

Als nächstes föhnte der Barbier meine Haare nach hinten, nahm noch einmal die Maschine - diesmal ohne Aufsatz - und bemühte sich alles gleichmäßig zu begradigen. Ich hatte dabei die ganze Zeit dieses Bild vor Augen:


Zum Schluss nahm der gebrechliche Barbier eine Rasierklinge in die zitternde Hand. Das trieb meinen Puls noch einmal nach oben. Mit der Klinge entfernte er meine Nackenhärchen, die mir währenddessen zu Berge standen.

Und dann war es vorbei.

Ich atmete tief durch und guckte mir das Ergebnis im Spiegel an. Es war ein bisschen schief, ein paar Haare standen hier und da ab, aber trotzdem war ich irgendwie froh. Es hätte doch alles viel, viel schlimmer kommen können.

Sonntag, 14. August 2011

Kängurus und Koalas in den Blue Mountains

Insgesamt war der Trip in die Blue Mountains ganz schön, obwohl das Wetter nicht so richtig mitgespielen wollte. Mit Regenschirm war es aber auszuhalten.


Los ging es am Sonntagmorgen gegen acht Uhr mit einem Bus gefüllt mit 43 Studenten. 40 von denen saßen schon auf ihren Plätzen, als ich beinahe noch pünktlich in den Bus einstieg. Auf die übrigen Zwei mussten wir dann noch fünf Minuten warten (Immer diese Zuspätkommer xD).

Als der Busfahrer anfing zu reden und ganz allein über seine Witze lachte, wurde klar, dass dieser über die Jahre scheinbar einen ganz eigenen Humor entwickelt hatte. Das passiert wohl wenn man den ganzen Tag mit Menschen spricht, aber deren Mimik dabei nicht sehen kann, weil man während dessen nach vorne auf die Straße schauen muss. Zumindest hoffte ich, dass er das tat. Sicher war ich mir da nicht.

Unsere erste Station auf dem Ausflug war der Featherdale Wildlife Park, ein kleiner, aber sehr netter Zoo mit frei herumlaufenden Kängerus und Koalas zum anfassen (fühlen sich an wie Wattebausche).


Nach einer Stärkung auf einem Zwischenstopp in einer Kleinstadt, die sich offenbar auf die Verköstigung von Touristen spezialisiert hat, fuhren wir zu einer Aussichtsplattform, von wo aus man die Three Sisters (die drei Steinhügel auf dem Bild neben mir) trotz des Regens gut sehen konnte.


Die Three Sisters sind der Legende nach drei Schwestern, die von ihrem Vater mit Hilfe von dessen Zauberknochen in Stein verwandelt wurden, um sie vor einem Monster zu retten, dass die drei gerade angreifen wollte. Besser wäre es natürlich gewesen das Monster in Stein zu verwandeln, aber das ging nicht, weil es dafür zu stark war. Als dieses sich um seine Beute betrogen sah und auf den Vater los stürmte, verwandelte der sich in einen Vogel um zu entkommen und verlor dabei den Zauberknochen, sodass er weder sich, noch seine Töchter zurückverwandeln konnte. Angeblich stochert der arme Vogel auf der Suche nach dem Knochen noch heute im Boden herum.

Als Abschluss der Tagesreise fuhren wir mit einer Gondel ins Tal und liefen dort durch den Regenwald, um dann dann mit der steilsten Eisenbahn der Welt wieder nach oben zu gelangen.



Als wir uns schließlich am frühen Nachmittag mit dem Bus auf den Rückweg
machten, kam dann auch die Sonne raus. :P


Der Rest der Woche war von Uni-Kram und kostenlosen BBQs auf dem Campus geprägt. Am Donnerstag habe ich wie angekündigt meinen Vortrag "Eine Einführung in XABSL" gehalten. Das Interesse dafür war groß und der Vortrag ist gut angekommen, obwohl es für mich nicht immer ganz einfach war, mich präzise in Englisch auszudrücken.

Nächsten Samstag werden wir uns ein Rugby Match ansehen. Es spielen die Sydney City Roosters gegen die Cronulla Sharks, wir sind natürlich für die Roosters, wie ich gerade lese. Ich werde mir wohl die Regeln vor Samstag auch noch mal genau ansehen. xD

Samstag, 6. August 2011

Überraschungen

Das Wetter wird langsam besser hier in Sydney. Die letzten Tage waren sehr sonnig bei australisch-winterlichen 20°C. So lässt es sich aushalten :)

Leider ruft das bessere Wetter aber auch Ungeziefer auf die Tagesordnung. Hier ein kurzer Lehrfilm zum Thema.

Zum Glück hatte ich (schwerst arachnophob) bisher noch keinen Kontakt zu Spinnen, Schaben oder ähnlichem Getier. Aber das wird wohl nicht auf Dauer so bleiben. Am Anfang der Woche habe ich eines Morgens gerade noch rechtzeitig bemerkt, dass eine Horde Ameisen den Weg in mein Frühstücksmüsli gefunden hatte. Nachdem ich das entsorgt habe, bin ich von dem süßen Zeug wieder zu zuckerfreien Cornflakes zurückgewechselt. Das ist ja auch eh gesünder.

Die nächste Überraschung war dann folgende E-Mail von der Hausverwaltung für meine Berliner WG (ich habe einige Informationen aus verständlichen Gründen zensiert):

Guten Tag Herr ****,

wir haben erfahren, dass Sie Vater eines kleinen Emilis geworden sind - herzlichen Grlückwunsch! Nun interessieren wir uns in diesem Zusammenhang dafür, wie sich die Wohnsituation vorort in der ****-Str. **** gestaltet. Vertragspartner sind Sie mit Herrn **** und es ist eine 2-Zimmer-Wohnung! Bitte geben Sie mir zeitnah eine kurze Situationsbeschreibung - vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen
****


Mama, wenn du das jetzt liest: Keine Angst! Ich konnte das aufklären; ich bin nicht der Vater des kleinen Emilis.

Zwischen diesen Vorfällen war ich auch ein wenig in der Uni und hatte unter anderem meine erste Vorlesung in Wissensrepräsentation. In diesem Kerngebiert der Künstlichen Intelligenz geht es darum, wie sich symbolisch Wissen in einer Maschine so darstellen lässt, dass diese selbst Schlussfolgerungen aus dem Wissen ziehen kann. (Einfaches Beispiel: Wissen: Obst ist süß; Kirschen sind Obst. Daraus folgt: Kirschen sind süß.)

Als wir nach der ersten Stunde eine kurze Pause machten, kam ich mit dem Professor (Maurice) ins Gespräch. Wir redeten über den RoboCup und über KI und nach einer Weile fragte er mich, ob ich nicht Interesse hätte, zum wöchentlichen Robotik-Seminar zu kommen.

Die Gelegenheit nahm ich natürlich wahr und ging am Donnerstag nach meiner Psychologievorlesung dorthin. Maurice, der wie ich kurz vorher erfahren hatte, der Leiter der Informatik-Fakultät ist, kam etwas später. So musste ich mich selbst vorstellen und erklären, was ich hier machte. Aber die anderen ca. 10-15 Leute (allesamt Doktoranden oder Doktoren) nahmen mich sehr nett auf. Gemeinsam diskutierten wir über eine wissenschaftliche Veröffentlichung zum Thema Integration von Aufgaben- und Pfadplanung für Roboter.

Als am Ende des Seminars nach einem Thema für die nächste Woche gesucht wurde, fragte mich Maurice, ob ich nicht darüber sprechen könnte, was ich im RoboCup gemacht hätte. Das konnte ich natürlich schwerlich ablehnen, somal es eine gute Chance bietet, sich in diesem Kreis zu beweisen. Deshalb werde ich nächste Woche einen Vortrag über die Programmiersprache halten, mit der wir das Verhalten unserer Fußballroboter implementiert haben (Wer es nocht nicht gesehen hat: Videos der letzten spiele der WM gibts hier).

Bevor ich aber mit der Vorbereitung dafür anfange, mache ich morgen erstmal einen Ausflug in die Blue Mountains und erhole mich von den Schrecken der vergangenen Woche :D